Das selbstbildende, aktive Kind

„Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Feuer, die entfacht werden wollen. (François Rabelais)

 

Ein Kind entdeckt, erforscht und gestaltet seine Welt und die zu ihr gehörenden Dinge mit allen Sinnen und aus eigenem Antrieb. Doch eng damit verbunden ist die soziale Kompetenz. Denn Basis des Lernens ist die Qualität von Beziehungen, die das Kind knüpfen kann. Sie bestehen aus Vertrauen von und zu seinen Bezugspersonen, die nachempfinden wollen, was das Kind bewegt:

·         Was kann das Kind?

·         Was will das Kind?

·         Was braucht das Kind?

·         Wie erfährt das Kind die Welt?

·         Wie wird es ein Mitglied der Gemeinschaft?

 

Kinder beziehen ihre Tätigkeit immer auf einen Interaktionspartner. Ihre Bewegungen und Äußerungen erzeugen und benötigen eine Resonanz von den mit ihnen lebenden Personen. Diese nehmen die Antworten, die Bewegungen und Äußerungen des Kindes auf und an, ermutigen es zu weiteren und differenzierten Tätigkeiten.  Die Bezugsperson bietet dem Kind einerseits genügend Sicherheit und andererseits genügend Freiraum, Neues zu erobern. Um das Kind wirksam in seinen Bildungsprozessen unterstützen zu können, dient der Erzieherin die Beobachtung. Dadurch ist sie in der Lage ihr pädagogisches Handeln auf die individuellen Voraussetzungen, Bedürfnisse, Interessen und den Entwicklungs-Prozess jedes Kindes abzustimmen.

Das Kind lernt in der Interaktion mit anderen Kindern und Erwachsenen.

Denn Bildung ist ein sozialer Prozess, der jeweils im Kontext stattfindet und an dem sich - neben dem Kind - auch die Fachkräfte, die Eltern und andere aktiv beteiligen. Bildung wird damit als sozialer, ko-konstruktiver Prozess verstanden.

Ziel ist es, dass das Kind sich zu einem aktiven und sich-selbst-bildenden Individuum entwickelt.

"Autonomie, d.h. Selbstwirksamkeit, Selbstbestimmung und

  Verbundenheit, d.h. Bindung und Zugehörigkeit.

Diese beiden Aspekte stellen die wichtigsten Grundbedürfnisse und Entwicklungsaufgaben des Menschen dar und bedingen sich gegenseitig."

                                       

Die  Erzieherin hat dann ihr pädagogisches "Ziel" erreicht, wenn sie sich nach einiger Zeit auch Stück für Stück aus der ständigen Interaktion mit dem einzelnen Kind zurrückziehen kann. Das Kind ist dann aktiv in die Gemeinschaft des Kindergartens integriert und findet dort soziale Kontakte, Impulse und Herausforderungen, die es benötigt. Mit Hilfe der anregenden Umgebung gelingt ihm immer öfter selbständig seinen Handlungsspielraum zu erweitern, sich weiter-zu-bilden und Autonomie und Selbstbewußtsein zu erlangen.

Die Erziehungspartnerschaft realisiert sich in einem dynamischen Kommunikationsprozess. Der Begriff Partnerschaft bedeutet, das Kind und Erzieherin, wobei das Wohl des Kindes im Mittelpunkt allen Bemühens steht, gleichberechtigt sind, ähnliche Ziele verfolgen und zusammenarbeiten. Dies setzt gegenseitiges Vertrauen und Respekt voraus.

Das erfordert von uns Erzieherinnen auch , die Rolle als "Erzieher" etwas zurückzunehmen und in die Rolle des unterstützenden "Weg-"Begleiters und Partners zu schlüpfen. Dem Kind werden "Freiräume" "zugetraut", indem es beispielsweise auch unbeaufsichtigt spielen darf ( nach klaren Regeln) oder bei Konflikten selbst Lösungsmöglichkeiten sucht und ausprobiert, ohne dass die Erzieherin sofort eingreift. Die Erzieherin vertraut dem Kind, dass es die Freiräume positiv ausfüllt. Denn nur wenn wir Erwachsenen den Kindern Vertrauen schenken, können sie die Fähigkeit entwickeln, sich selbst etwas zuzutrauen und anderen zu vertrauen.

Freiräume geben bedeutet aber nicht, dass die Kinder sich selbst überlassen bleiben. Die Erzieherinnen geben dem Kind neben der Nähe auch die Distanz, die sie benötigen, um zu "wachsen" und "groß" zu werden.